Aleviten in der Türkei – Von türkischen Aleviten verehrt: Mustafa Kemal Atatürk Die größte alevitische Gemeinschaft existiert in der Türkei, Ihre Mitglieder stellen mit etwa 12,5 Millionen Anhängern schätzungsweise über 15 % der Bevölkerung, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren es noch 30 %.
- Die offiziell-staatliche Statistik weist 99,8 % Muslime aus.
- Die Aleviten leben in allen Provinzen der Türkei; traditionell sind dies vor allem die Provinzen Çorum, Adana, Amasya, Tokat, Hatay, Sivas, Erzincan, Erzurum, Tunceli, Malatya und Kahramanmaraş,
- Durch Binnenmigration leben sie derzeit mehrheitlich in Großstädten wie Istanbul, Gaziantep, Ankara, Izmir und Bursa,
Für türkische Aleviten gilt Mustafa Kemal Atatürk, der die Türkei als laizistische Republik ausrief und ausrichtete, als Heldenfigur.
Was sind Aleviten Türkei?
Die Aleviten in der Türkei Aus Das Alevitentum ist eine liberal-islamische Glaubensgemeinschaft. Sie gilt als die zweitstärkste islamische Konfession. Von den etwa 68 Millionen Einwohnern der Türkei bezeichnen sich über 20 Millionen Menschen türkischer, turkmenischer, kurdischer und arabischer Herkunft als Aleviten.
Der Begriff “Alevit” stammt von dem Namen “Ali” und bedeutet soviel wie “Ali-Anhänger”. Die Bezeichnung “Alevit” wird auch als Sammelbegriff für die religiösen Untergruppen wie Kizilbas-Aleviten, Bektasi-Aleviten, Tahtaci-Aleviten und weitere Gruppen benutzt. Die traditionellen Siedlungsgebiete der türkischen Aleviten liegen in Zentralanatolien in den Provinzen Sivas, Amasya, Corum, Tokat und Yozgat.
Turkmenische Aleviten leben überwiegend in den südlichen und westlichen Gebieten der Türkei. Kurdische Aleviten bewohnen hauptsächlich Orte in Ost- und Südanatolien, arabische Aleviten die Orte Hatay und Adana. Als Folge der Industrialisierung und Urbanisierung wanderten viele Aleviten in den 1960er Jahren sowie verstärkt nach 1980 in Großstädte wie Istanbul, Ankara, Izmir, Izmit, Adana, Mersin und Gaziantep ab.
- Heute lebt ein Großteil der Aleviten in den Industriegebieten der Türkei.
- Die alevitische Religion Die alevitische Religion in der Türkei hat verschiedene Aspekte bzw.
- Religiöse Strömungen.
- Der Mazdaismus beispielsweise ist die des alt-iranischen Priesters Zarathustra gestiftete Religion.
- Seine Lehre betont den Dualismus zwischen Gut und Böse, wobei der endgültige Sieg des Guten über das Böse jedoch nie in Frage gestellt wird.
Dem Schöpfer Ahura Mazda als Verkörperung des Guten steht der verlogene und zerstörerische Ahriman gegenüber. Der Mensch ist in der Lage, das Böse zu überwinden und sich dem Guten, Wahren und Schönen zu widmen. Der Schamanismus dagegen ist ein vorislamischer Volksglaube der Türken, der sich dem Gott des Himmels und der Macht der Natur widmet.
Die Priester waren die religiösen Oberhäupter, Zauberer, Heilpraktiker und Verbreiter einer reichen Volksliteratur. Von Zeit zu Zeit spielten sie auch eine politische Rolle, so z.B. im 13. Jahrhundert bei der Babai-Revolte (1239-1240), einer religiös-politisch motivierten Revolte. Im 8. und 9. Jahrhundert entwickelte sich eine neue Frömmigkeit, die islamische Mystik.
Sie war dadurch charakterisiert, dass die Gläubigen durch mystische Praktiken und vorbildliches Leben den unmittelbaren Weg zu Gott suchten. Die bekannten islamischen Mystiker wie Hasan al-Basri (†728), Rabia von Basra (†801), Bayezid Bistami (†874), al-Dschunaid (†910) und al-Halladsch (†922) entwickelten die islamische Mystik, durch die das Alevitentum stark beeinflusst wurde.
Haci Bektas Veli (1209-1295) gilt als Begründer des anatolischen Alevitentums. Er stammt aus Nischabur bei Chorasan, das im heutigen Iran liegt. Dort kam er in seiner Jugend mit der islamischen Mystik in Berührung. Haci Bektas war am Babai- Aufstand beteiligt und entkam dem Massaker nach der Niederlage in Amasya (1240).
Er floh nach Karacahöyük, dem heutigen Wallfahrtsort Hacibektas. Dort fand er Anhänger und baute seine Lehre systematisch auf. Ein Kloster wurde gebaut und zahlreiche Schüler kamen zu ihm, um bei ihm zu lernen. Wanderderwische (Wandermönche) und wandernde Prediger trugen seine Lehre in viele Dörfer und Städte weiter.
- Die Herausbildung des heutigen Alevitentums wurde auch durch die Lehren des sufistischen Ordens der Safaviden im persischen Ardabil am Kaspischen Meer stark beeinflusst, die bis zum Anfang des 15.
- Jahrhunderts zurückreichen.
- Der Gründer dieses Sufi-Ordens, Safiy ad-Din, führte seine Abstammung auf den 7.
Imam Musa Kazim und somit auf Ali zurück. Die Lage der Aleviten in der Türkei Das Massaker von Sivas am 2. Juli 1993 (ein von radikalen Sunniten verübter Brandanschlag in der türkischen Stadt Sivas, der sich gegen liberale Schriftsteller, Dichter und Musiker richtete), bei dem 37 Menschen ums Leben kamen, war für die Aleviten ein traumatisches Ereignis, das das Vertrauen der Aleviten in den türkischen Staat erschütterte.
- Bis vor kurzem bestritten die offiziellen Stellen in der Türkei die Existenz der 20 Millionen Aleviten.
- Die gesamte Bevölkerung wurde als türkisch und islamisch bezeichnet.
- Dabei wurde unter “islamisch” einzig und allein die sunnitische Glaubensrichtung verstanden.
- Nach der Gründung der Republik Türkei (29.
Oktober 1923) wurde trotz ihrer anti-religiösen Grundverfassung und der damit einhergehenden konsequenten Trennung von Kirche und Staat das Amt für religiöse Angelegenheiten eingerichtet, das bis heute nur Bedienstete sunnitischen Glaubens einstellt und 90.000 Moscheen unterhält.
- Aleviten sind hier nicht vertreten und erhalten auch keine finanzielle Unterstützung.
- Da die Existenz der Aleviten verleugnet wird, erkennt der Staat weder Gebetsstätten (cem evi) noch Gelehrte (dede) der Aleviten an.
- Der türkische Ministerpräsident Erdogan bezeichnete im Herbst 2003 den alevitschen Gottesdienst “cem” lediglich als Element der vergangenheitsorientierten Kultur.
Er lehnt das alevitische “cem evi” als Gebetshaus ab.” (Kaplan 2004, S.23) Prediger- und Koranschulen haben mittlerweile wieder einen besonderen Platz im türkischen Bildungssystem. Die Regierung Erdogan machte im Herbst 2003 die Abschaffung der dreijährigen Sekundarstufe der Predigerschulen rückgängig, die durch die Schulreform im Jahre 1998 beschlossen wurde.
So werden jährlich etwa 400.000 Schüler in Predigerschulen und rund 450.000 Schüler in Koranschulen sunnitisch-islamisch ausgebildet. Seit dem Militärputsch von 1980 werden insbesondere in alevitischen Dörfern Moscheen gebaut und sunnitische Vorbeter dorthin entsandt. Sie predigen im alltäglichen Gebet und im Beerdigungsgebet sunnitisch, obwohl sich das alevitische Gebet vom sunnitischen sowohl praktisch – Männer und Frauen beten beispielsweise gemeinsam – als auch inhaltlich sehr unterscheidet.
Zwar beten Aleviten nicht in diesen Moscheen, die sunnitischen Vorbeter fungieren jedoch als Kontrolleure des alevitischen Religionslebens. Religionsunterricht ist in der Türkei seit der Verabschiedung des Grundgesetzes im Jahr 1982 unter der Militärherrschaft Pflichtfach an Schulen.
- An diesem Unterricht müssen auch alevitische Kinder teilnehmen, was für sie eine Zwangsunterrichtung der sunnitischen Lehre und eine Missachtung ihrer Glaubensfreiheit bedeutet.
- Dies beanstandete auch die Europäische Union in ihrem regelmäßigen Bericht über die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt in die EU.
So hieß es in diesem Bericht: “Die Aleviten werden als Religionsgemeinschaft offiziell nicht anerkannt und stoßen bei der Eröffnung von Gebetsstätten oft auf Schwierigkeiten. Der religiöse Pflichtunterricht in den Schulen erkennt nichtsunnitische Bekenntnisse nicht an.
- Die Eltern eines alevitischen Kindes haben im Hinblick auf den obligatorischen Religionsunterricht ein Verfahren vor dem EGMR, angestrebt.
- Die meisten Aleviten fordern, dass die Türkei als säkularer Staat alle Religionen gleich behandelt und keine bestimmte Religion (die Sunniten) direkt unterstützt, wie das gegenwärtig in der Diyanet geschieht.” Mit dem Ziel das Land ethnisch und religiös zu vereinheitlichen, betreibt der türkische Staat eine Assimilation und Sunnitisierung der Aleviten, gemäß der Formel “Wir sind alle Muslime – Hepimiz müsülman?z”.
Das Alevitentum: Eine Glaubens- und Lebensgemeinschaft in Deutschland, Alevitische Gemeinde Deutschland, Ismail Kaplan. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2004: Regelmäßiger Bericht über die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt, S.45f.
Welche Sprachen sprechen Aleviten?
Wer sind die Aleviten? – Die Frage worin sich Aleviten von sunnitischen Muslimen unterscheiden wird bis heute kontrovers diskutiert. Zirka zehn bis maximal zwanzig Prozent der Bevölkerung der Türkei können dem Alevitentum zugerechnet werden. Davon sind ungefähr zwei Drittel türkischsprachig, das restliche Drittel spricht eine der beiden nordwestiranischen Sprachen Kurmanci und Zazaki.
- In der Türkei gelten sowohl Kurmanci- als auch Zazakisprecher als Kurden, obwohl Sprachwissenschaftler meist nur das Kurmanci dem Kurdischen zuordnen.
- Durch über Jahrhunderte praktizierte Eheschließungen innerhalb alevitischer Gemeinschaften und strikte, letztlich religiös legitimierte soziale Grenzen zwischen Aleviten und Sunniten hat Zugehörigkeit zum Alevitentum auch einen stark ethnischen Charakter.
Mischehen, obwohl heute viel weiter verbreitet, können noch immer ein soziales Problem darstellen. Aleviten unterscheiden sich in ihrer Religionspraxis und ihren religiösen Vorstellungen sowohl vom sunnitischen als auch vom schiitischen Islam – und zwar zu einem Grad, dass die Frage der Islamizität des Alevitentums seit jeher umstritten ist.
Dabei sind im alevitischen Glauben Motive schiitischer Mythologie und Geschichtsdeutung prominent vertreten. So wird das Martyrium Hüseins in Kerbela im alevitischen Cem-Ritual kollektiv erinnert. Die Verehrung der zwölf Imame, insbesondere des ersten Imam Ali – von der die Bezeichnung Alevi abgeleitet wird – ist Kernpunkt alevitischer Religiosität.
Im Alevitentum verbindet sich diese schiitische Gesinnung mit der Verehrung balkanischer und anatolischer Heiliger des 12. bis 16. Jahrhunderts. Abgesehen von schiitischen und sufischen Vorstellungen in ihrer Deutung des alevitischen Weges unterscheiden sich Aleviten in wesentlichen Punkten vom islamischen Mainstream.
Die Rechtstradition des Gelehrtenislam wird von ihnen nicht anerkannt, die Scharia spielt in ihrem eigenen Normensystem nur eine metaphorische Rolle. Praktiken wie das islamische Ritualgebet, die Pilgerfahrt nach Mekka, das Fasten im Monat Ramadan, und das Almosengeben sind im traditionellen Alevitentum kaum relevant.
Aleviten haben ihre eigenen Gebets- und Andachtsformen, ihre eigenen Pilgerstätten und Fastenpraktiken, die sich nur kaum mit den Praktiken und Vorstellungen anderer Muslime überschneiden. Alevitische Ritual- und Glaubenspraxis ist stark von mündlicher Überlieferungskultur geprägt.
- Es gibt keine alevitische Zentralinstanz und keinen vereinheitlichten Schriftkorpus.
- Autorität im Alevitentum ist verkörpert in der Figur des dede (türkisch für Großvater).
- Dede werden die männlichen Repräsentanten als heilig verehrter Abstammungslinien genannt, die allein das alevitische Ritual leiten können und denen im traditionellen Alevitentum die religiöse und soziale Führung alevitischer Gemeinschaften oblag.
Die Komplexität des Definitionsproblems tritt auch in alevitischen Selbstbestimmungen zutage. Eine Minderheit der Aleviten, deutlich stärker in Westeuropa vertreten als in der Türkei, sieht das Alevitentum als eigenständige, vom Islam unabhängige Religion.
Eine andere Deutung verzichtet auf den Religionsbezug und begreift das Alevitentum als eine Philosophie die traditionell “anatolische Werte” mit einem als universal verstandenen Humanismus verknüpft. Wiederum andere ordnen das Alevitentum politischen Deutungsmustern unter, betrachten es als eine revolutionäre Klassenkampfphilosophie oder betonen aus nationalistischer Perspektive vorislamisch türkische oder kurdisch-iranische Wurzeln.
Die meisten Aleviten verstehen es als eine stark von türkischer Kultur geprägte, in ihrem Kern humanistische Form des Islam, oft unter Verweis auf seine sufisch-mystischen und spezifisch anatolischen Aspekte. Weit verbreitet nicht nur unter Aleviten ist auch die Auffassung, dass es sich beim Alevitentum im Vergleich zum sunnitischen Islam um eine liberalere Religionstradition handle.
- So spielten das islamische Religionsgesetz sowie die sich aus diesem ableitende Geschlechtertrennung bei den Aleviten keine Rolle und die Frauen wären im Alevitentum gleichberechtigt.
- Obwohl es sicher korrekt ist, dass es im Alevitentum keine dogmatische Geschlechtertrennung gibt, sollte man jedoch auch hier von allzu starren Typisierungen absehen.
Auch das Alevitentum hat sich in einem stark patriarchalischen Kontext entwickelt und bis heute findet man nur sehr vereinzelt Frauen in Führungspositionen alevitischer Organisationen. Auch das traditionelle Alevitentum kannte strenge soziale Normen und Sanktionen um diese durchzusetzen – bis zum Ausschluss aus der Gemeinschaft.
Allerdings ist das Alevitentum zum einen stark von einem mystischen Religionsverständnis geprägt, dass prinzipiell flexibler und weniger dogmatisch ist als zum Beispiel der gesetzesorientierte Mainstream des sunnitischen Islam, zum anderen haben sich Aleviten im Verhältnis zur sunnitischen Bevölkerung in stärkerem Maße säkularisiert und interpretieren heute ihre eigene Religionstradition oft unter Bezug auf äußerst moderne Werte und Ideale, die dann auch explizit als liberal und humanistisch dargestellt werden.
Auch das ist ein Grund dafür, dass Aleviten von manchen streng gläubigen Sunniten bis heute nicht als Muslime anerkannt werden.
Wie viele Aleviten leben in Deutschland?
Alevitische Gemeinde Das Alevitentum ist eine eigenständige, synkretistische Religion, die sich aus der islamischen Schia entwickelt hat und zudem sehr viele Elemente aus den verschiedensten vorislamischen Religionen Mesopotamiens und aus dem Sufismus (islamische Mystik) in sich vereint.
In Deutschland zählt die alevitische Gemeinde etwa 600.000 Mitglieder. Fast alle sind in den vergangenen Jahrzehnten aus der Türkei eingewandert oder als Kinder türkischer Eltern hier geboren. Damit ist das Alevitentum nach dem sunnitischen Islam die größte Gruppe unter den in Deutschland lebenden Muslimen.
Das Alevitentum geht mit den religiösen Vorschriften, die viele Muslime für verbindlich halten, liberal um; für Aleviten haben die sogenannten fünf Säulen des Islams keinen hohen Stellenwert, sie verrichten nicht das Ritualgebet (Salat), und brauchen zum Beten keinen besonderen Raum und keine spezielle Zeit.
Der Koran ist für Aleviten, im Gegensatz zum Schari‘a-Islam, kein Gesetzbuch, sondern die Niederschrift von Offenbarungen, die kritisch gelesen werden dürfen und mysthisch interpretiert werden. Das islamische Recht (Scharia), wie es Sunniten und Schiiten kennen, ist für Aleviten nur von untergeordneter Bedeutung.
Im Zentrum ihres Glaubens steht der Mensch als eigenverantwortliches Wesen. Wichtig ist ihnen das Verhältnis zum Mitmenschen. Aleviten betonen die wechselseitige Liebe zwischen Gott und den Menschen und betrachten die Erlangung eines vollkommenen Zustands als Lebensziel.
Die Philosophie des Alevitentums besagt, dass jedem Menschen die Wahrheit (das Göttliche) innewohnt. In der alevitischen Lehre ist die Seele eines jeden Menschen unsterblich, sie strebt durch die Erleuchtung die Einheit mit Gott an. Aleviten treffen sich in einem sogenannten Cemevi (Versammlungshaus), Männer und Frauen gemeinsam.
Es besteht keine religiöse Pflicht für Frauen, eine Kopfbedeckumg zu tragen. Der Gottesdienst Cem ist eine Versammlung und Vereinigung der Aleviten. Im Gottesdienst Cem werden die Aleviten im Alevitentum unterrichtet, legen Rechenschaft für Fehlverhalten ab, stellen der Gemeinde ein Gesegnetes Mahl (Lokma) zur Verfügung, gedenken ihrer Toten und beten für das Einssein für Hak (Gott).
- Die Gläubigen rezitieren gemeinsam Gedichte, musizieren und tanzen.
- Beim sogenannten Semah, einem rituellen Tanz, bewegen sich die Gläubigen nebeneinander in einem großen Kreis und drehen sich um die eigene Achse.
- Dies symbolisiert das sich drehende Universum und dient der geistigen Annäherung an Gott.
Musik spielt eine große Rolle im alevitischen Leben. Die Alevitische Gemeinde Kassel und Umgebung e.V. wurde 1990 gegründet. Sie unterhält ein Gebetshaus, eine Bibliothek mit Literatur über die Glaubenslehre der Aleviten-Bektaschiten und betreibt Frauen-, Jugend-, und Kulturgruppen.
- Alevitische Gemeinde
Einbürgerung (eingebürgert) Das ist eine Urkunde.Sie ist für Personen aus einem anderen Land.Sie bekommen diese Urkunde:Wenn diese Personen in Deutschland leben.Und den deutschen Pass bekommen. Dann haben sie die deutsche Staats-Bürgerschaft, Das bedeutet:Sie sind Deutsche.
Stadt Kassel; Foto: Fernando Vargas
: Alevitische Gemeinde
Können Kurden Aleviten sein?
Aleviten gibt es sowohl unter Türken als auch unter Kurden, hier wiederum sowohl Zaza-, als auch Kurmanci-sprechend. Die Geschichte der Aleviten ist eng mit der Geschichte des Derwischordens der Bektaschi verknüpft.
Wo aus der Türkei kommen die meisten Aleviten?
Verbreitung – Die Anzahl der Aleviten ist nicht exakt feststellbar, da keine verlässlichen Zahlenangaben vorliegen und viele Aleviten sich nicht öffentlich zu ihrem Glauben bekennen. Zudem wurden einige Aleviten assimiliert, Trotz der universalistischen Rhetorik (und im Gegensatz zum allgemeinen Islam oder dem Bektaschi -Orden) kennen alevitische Gemeinschaften nicht die Möglichkeit der Konversion zum Alevitentum.
- Die ungefähre Anzahl reicht von 10 bis 12 Millionen bis zu mehr als 20 Millionen weltweit.
- Alevitische Gemeinden sind in Zentralanatolien sowie in Thrakien konzentriert, speziell in einem Gürtel von Çorum im Westen bis Muş im Osten.
- Die einzige Provinz innerhalb der Türkei mit einer alevitischen Mehrheit ist Tunceli (früher als Dersim bekannt).
Insgesamt gibt es 4382 türkische Orte, in denen Aleviten mehr als 50 % der Bevölkerung stellen: Davon sind 3929 Dörfer, 334 konfessionell gemischte Dörfer, 92 Städte, 16 konfessionell gemischte Städte, 9 alevitische Kreishauptstädte und 2 alevitische Provinzhauptstädte.
Von den geschätzt 12,5 Millionen Aleviten wurden 2,9 Millionen assimiliert. Beginnend in den 1960er Jahren sind viele ländliche Aleviten in die großen Städte der westlichen und südlichen Türkei – sowie nach Westeuropa – ausgewandert und sind daher stark urbanisiert. Die Federation of Alevite Unions in Europe bildet eine alevitische Interessenvertretung in Europa.
Die meisten Aleviten sind Türken und Turkmenen, eine Minderheit sind Kurden oder Zaza, andere wiederum sind Aserbaidschaner, Außerhalb dieser gibt es auch Gemeinschaften in einigen Regionen Iranisch-Aserbaidschans, Die Stadt Ilchitschi (İlxıçı), welche sich 87 km südwestlich von Täbris befindet, ist fast gänzlich von Aleviten bewohnt.
- In Syrien gibt es unter den Turkmenen in Aleppo alevitische Gemeinschaften.
- In Aleppo befindet sich auch das Grab von Nasīmī, welcher für die Aleviten einer ihrer sieben großen Dichter ist.
- Die Kleinstadt Maabatli unweit der nordsyrischen Stadt Afrin wird mehrheitlich von kurdischsprachigen Aleviten bewohnt.
Der alevitische Politiker Nuri Dersimi floh 1937 nach dem Dersim-Aufstand nach Syrien. Er liegt bei Afrin begraben. Im Irak gibt es unter den Turkmenen und unter den Kurden alevitische Gemeinschaften (siehe hierzu auch Schabak (Ethnie) ). Auch in Griechenland gibt es eine etwa 3000 Personen umfassende alevitische Gemeinschaft in Westthrakien,
Werden Aleviten beschnitten?
Beschneidung Das Entfernen der Vorhaut beim männlichen Geschlecht. Im Judentum ist die Beschneidung ein identitätsstiftendes Grundgebot („Brit Mila”). Sie muss am 8. Tag nach der Geburt eines jüdischen Jungen von einem speziellen Fachmann (hebr. „Moel”) vollzogen werden.
Auch im Islam ist die Beschneidung ein integraler Bestandteil der Religion. Sie ist zwar nicht im Koran erwähnt, sondern eine feste Sunna und damit eine religiöse Notwendigkeit. Für die Beschneidung gibt es hier keinen fest vorgeschriebenen Zeitpunkt. Sie wird spätestens bis zum 12. Lebensjahr vollzogen, so auch bei den Aleviten.
: Beschneidung
Warum beten Aleviten nicht 5 mal am Tag?
Alevitische Muslime interpretieren muslimische Gebote anders – “Weil Aleviten nicht in die Moschee gehen, weil sie nicht fünf Mal am Tag beten, weil sie eben nicht 30 Tage im Ramadan fasten, meinen die anderen Muslim*innen, wir wären keine Muslime”, sagt Gülsüm Bozdogan, die Vorsitzende des Vereins.
“Das stimmt aber absolut nicht. Wir bezeugen, dass wir den wahren Islam leben, weil es zu der damaligen Zeit auch keine Moschee gab, obwohl sie sagen, der Prophet sei in einer Moschee gewesen. Es gab keine Moschee.” Die alevitischen Muslime respektieren die fünf Säulen des sunnitischen Islams, also Fasten, Beten, Wallfahren, Almosengeben und an Gott glauben.
Aber sie interpretieren diese Gebote anders. Die Wallfahrt zum Beispiel machen sie nicht, da sie glauben, dass es gottgefälliger ist, das Geld, das für die Wallfahrt ausgegeben wird, an Bedürftige zu spenden. In die Moschee gehen sie auch nicht, da es eine Moschee, wie wir sie heute kennen, zu Zeiten des Propheten auch nicht gab, sondern nur Versammlungshäuser, wo die Gläubigen sich trafen und unter anderem auch beteten.
Haben Aleviten ein heiliges Buch?
Das Alevitentum besitzt selbst kein „heiliges Buch’ oder überlieferte Texte aus seiner Entstehungszeit und ist somit keine Schriftreligion. Die alevitische Religion konnte dank des Rituals der Priesterschaft (Pir oder Dede’s genannt) und der Volksbarden (Ozan genannt) bis in die heutige Zeit überleben.
In welche Richtung beten Aleviten?
Gebetsrichtung Von jedem Ort der Welt wenden sich Juden und Muslime beim Gebet in eine bestimmte Richtung. Für Muslime ist es die Qibla (dt. „Richtung der Orientierung”) in Richtung Kaaba in Mekka, für Juden ist es der Tempelberg in Jerusalem. Aleviten wiederum haben keine örtlich gebundene Gebetsrichtung, für sie steht der Mensch im Zentrum. : Gebetsrichtung
Was essen die Aleviten?
Islam – In einigen Zweigen des islamischen Glaubens gibt es ein Hasentabu. Ein aus dem jüdischen Gesetz abgeleitetes Speisetabu kennen auch die Alawiten, Bei den Aleviten der Bektaschi – Tarīqa, einer islamischen Glaubensrichtung, die mit der Einwanderung turkmenischer Stämme nach Anatolien im 13./14. Schalenfragment mit Darstellung eines Hasen, Ägypten, 14. Jh. Hase und Elefant, syrische Miniaturmalerei, 1354 Das Hasentabu der Aleviten bietet zu vielfältigen Spekulationen und Begründungsversuchen Anlass. Für die Aleviten gelten Hasen und Kaninchen als „unheilvolle Tiere”, das Verbot ihres Verzehrs soll die rituelle „Gemeindereinheit vor dem Einfluss der Außenwelt” bewahren.
Ein weiterer Ansatz führt den unreinen Charakter der Hasen darauf zurück, dass „sie eine vielfältige, aus Merkmalen sieben verschiedener Tiere zusammengesetzte Natur besitzen”. Dies lässt sie außerhalb der biblischen Tierkategorien des Buchs Genesis stehen und knüpft an die Tabubegründungen im Judentum an.
Möglicherweise haben sich in diesem Speisegebot auch ältere Traditionen des turkmenischen Kizilbasch -Ordens erhalten, von der das Alevitentum seine Herkunft ableitet. Der formal schiitische Glaube der Kizilbasch war bis zu ihrer endgültigen Unterwerfung und Zerstreuung, sowie der Durchsetzung des orthodox-schiitischen Islam durch den Safawidenschah Abbas I.
- Durch eine eher oberflächliche Bindung an den Islam und durch bleibende Beziehungen zu einer schamanisch beeinflussten Volksfrömmigkeit gekennzeichnet.
- In der bildenden Kunst des Islam, auch des späteren Osmanischen Reiches, spielte die bildliche Darstellung des Hasen eine wichtige symbolische, mythologisch begründete Rolle.
Hierauf berufen sich türkische Autoren, mit dem Ziel, die Gemeinschaft der Aleviten in die türkische Nation zu integrieren. Das Verbot des Essens von Hasenfleisch gilt nicht für die Mehrheit der Muslime, die sich auf das Fehlen eines solchen Verbots berufen.
In der Sure 6: Al-An’am des Koran heißt es: „Sprich: Ich finde in dem, was mir offenbart worden ist, nichts, was einem Speisenden, der es speist, untersagt worden ist, es sei denn von selbst Verendetes oder ausgeflossenes Blut oder Schwein, denn das ist Befleckung oder Frevel.” – Koran, Sure 6, 145 Die Zulässigkeit des Verzehrs von Hasenfleisch findet in der hadithischen Überlieferung ihre Fortsetzung: „Hammad Ibn Uthman berichtete, dass Imam Ja’far As-Sadiq sagte: Der Prophet Muhammad war von zurückhaltender Natur und er pflegte es etwas zu verabscheuen ohne dass er es für verboten erklärte.
Als ihm der Hase gebracht wurde, verabscheute er ihn, doch er selbst erklärte ihn nicht für verboten.”
Wie heiraten die Aleviten?
Antworten von Mürvet Öztürk Was verstehen AlevitInnen unter Alevitentum: eine eigenständige Kultur, eine muslimische Glaubensrichtung oder eine eigenständige Religionsgemeinschaft? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, weil das Selbstverständnis der AlevitInnen sehr unterschiedlich ist. Wann und aus welchen Gründen sind AlevitInnen nach Deutschland zugewandert? Es gab verschiedene Migrationswellen nach Deutschland: Die meisten AlevitInnen sind im Zuge der Arbeitsmigration in den 1960er und 1970er Jahren nach Deutschland gekommen und haben hier als ArbeiterInnen ihren Lebensunterhalt bestritten.
Viele StudentInnen und politisch aktive AlevitInnen sind im Zuge des türkischen Militärputschs 1980 und danach als politische Flüchtlinge nach Deutschland gelangt. Die letzte Migrationswelle hat in den 1990er Jahren stattgefunden, als im Zuge der militärischen Auseinandersetzung mit der PKK zahlreiche Dörfer in der Osttürkei entleert wurden bzw.
das Leben dort nicht mehr möglich war. Viele diese Menschen leben und arbeiten heute in Deutschland in verschiedenen Sektoren – sie sind AkademikerInnen, ArbeiterInnen, UnternehmerInnen u.ä. Haben sich die Strukturen und religiösen Riten der AlevitInnen durch die Migration nach Deutschland verändert? In welche Richtung? Sie haben sich auf jeden Fall verändert. Die AlevitInnen haben bereits durch die Binnenmigration innerhalb der Türkei aus den Dörfern weg in die Großstädte in den 1950er und 1960er Jahren ihre Strukturen verändern müssen.
Da die soziale Komponente sehr stark mit denen der religiösen Aufgaben einhergeht, hat sich die Auflösung der Dorfgemeinschaft markant auf die Praktizierung der religiösen Riten ausgewirkt. Sie ist faktisch in der Großstadt weggefallen. Hinzu kam das Geheimhalten der Zugehörigkeit zum Alevitentum aus Angst vor Diskriminierung, so dass eine Neuorganisation der Gemeinden innerhalb den Großstädten der Türkei nicht möglich war.
Dieser Zustand herrschte bis in die 1980er Jahre. Zu Beginn der 90er Jahre hingegen erlebte das Alevitentum eine Revitalisierung und Öffnung nach Außen. In diesem Zuge hat sich in Deutschland auch die Alevitische Gemeinde gegründet und neu organisiert. Wie sind die AlevitInnen in Deutschland organisiert? Gibt es eine Unterscheidung zwischen politischer Interessenvertretung und religiöser Gemeinde? Der Dachverband der Alevitischen Gemeinde Deutschland sitzt in Köln. Darüber hinaus gibt es Landesverbände und Kulturzentren in verschiedenen Städten Deutschlands.
Die Gemeinden haben sich in Deutschland von den historischen Strukturen losgelöst organisiert, d.h. während historische Gemeinden mit bestimmten Bezeichnungen und bestimmter Zugehörigkeit zu bestimmten Gelehrten die Regel der Dorfstruktur war, gibt es diese in Deutschland in dieser Form nicht mehr. Jede Alevitin und jeder Alevit weiß, zu welcher Gemeinde und welchem Gelehrten, dem sogenannten Dede, sie oder er historisch angehört – aber in Deutschland ist man in den Kulturzentren organisiert.
Diese Kulturzentren sind gleichzeitig auch Gemeindezentrum – also Orte, wo sowohl die alevitischen Tänze, Gesänge, Folklore vermittelt werden, aber auch die religiösen Riten abgehalten werden. Damit hat sich die politische und religiöse Interessensvertretung vermischt.
In der Regel ist aber der Vorsitzende des Kulturzentrums kein religiöser Gelehrter, sondern eine ehrenamtlich aktive Person, die von den Gemeindemitgliedern gewählt wird. Die Kulturzentren sind als Vereine organisiert, die einen Vorstand und eine Satzung haben. Für die Durchführung des zentralen Cem -Zeremonielles reisen z.B.
die Geistlichen aus den umgehenden Gemeinden an und leiten die Zeremonie für diesen einen Tag. Welche Rolle spielt das Cem -Ritual für AlevitInnen in Deutschland? Ist es für die alevitische Gemeinde wichtiger als in der Türkei? Da die Aleviten sowohl in der Türkei als auch in Deutschland damit zu kämpfen haben, ihre Identität nicht zu verlieren, ist das Cem -Ritual für viele das Bindeglied, durch das die Gemeinde zusammengehalten wird und daher sehr wichtig.
Das Cem -Ritual ist gewissermaßen der alevitische Gottesdienst, für das die Gemeinde zusammenkommt. Es wird gebetet, getanzt, gesungen und rezitiert. Jene AlevitInnen, die einen Bezug zu religiösen Riten haben wollen und daraus ihre alevitische Identität schöpfen erachten das Cem -Ritual für absolut wichtig.
Jene AlevitInnen, die sich eher kulturell definieren schöpfen ihre alevitische Identität aus der Folklore, der Musik und den Tänzen. Es ist eine sehr vielfältige Kultur und daher eine vielseitige Gemeinde. Wie sieht das religiöse Leben darüber hinaus aus? Welche religiöse Alltagsriten und Feste gibt es? Und sind sie alle ohne Einschränkungen in Deutschland durchführbar? Für die AlevitInnen ist das Opferfest eines der wichtigsten Feste. Sie fasten in der Regel nicht zum Ramadan, sondern sie fasten 12 Tage zum 10.
Muharram und Gedenken an die Ermordung der Prophetenfamilie in Kerbala. Während der Fastenzeit wird um die Prophetenfamilie getrauert und trotz Fastenbrechens keine üppige Mahlzeit eingenommen. Während dieser Fastenzeit und nach dem Fastenbrechen ist das Trinken von Wasser untersagt, es werden keine Eier- und Fleischspeisen konsumiert.
Die Männer rasieren sich in dieser Zeit nicht, die Spiegel in den Wohnungen werden mit schwarzen Tüchern zugehängt. Dies ist die streng-traditionelle Weise des Fastens, die teilweise aber in Deutschland nicht allen bekannt ist. Sie praktizieren auch die Beschneidung der männlichen Kinder.
Hochzeiten werden in Deutschland ebenfalls anders gefeiert als es in den anatolischen Dörfern üblich war; in der Regel mit weißem Brautkleid und einem großen Fest wo alle Verwandten, Freunde und Bekannte eingeladen werden. Während der Hochzeit wird das Brautpaar in der Regel mit Geld und Gold beschenkt, was als Starthilfe für das Paar gedacht ist.
Traditionell wird die Braut vom Bräutigam aus dem Hause der Eltern abgeholt. Der jüngste Bruder bindet der Braut ein rotes Band um die Hüfte und gibt sie dem Bräutigam frei. Es ist Brauch, dass dem Bräutigam der Weg versperrt oder die Braut entführt bzw.
versteckt wird. Der Bräutigam muss dann tief in die Tasche greifen damit er seine Braut wiederbekommt. In der Regel wird die Mutter der Braut aus Respekt ebenfalls reichlich beschenkt. All diese Riten werden auch in Deutschland ausgeführt. Im Sterbefall gibt es aber Probleme, da die AlevitInnen gemischt geschlechtlich den Toten-Ritus abhalten und die Leichenwaschung selbst vornehmen.
Es gibt in Deutschland nicht ausreichend Cem -Häuser, also alevitische Gemeindehäuser, in denen die Leichenwaschung vorgenommen werden kann. In der Regel werden die Toten in die Türkei überführt und dort begraben. Beziehen sich AlevitInnen auf religiöse Texte? Welchen Stellenwert haben sie für die Religionsausübung? In welcher Sprache sind diese Texte verfasst? Die religiösen Riten und religiösen Hymnen der AlevitInnen sind größtenteils mündlich tradiert. Daher hat im alevitschen Ritus der religiöse Text keine sehr hohe Bedeutung.
Der religiöse Ritus der AlevitInnen ist wie bereits erwähnt, das Cem -Ritus: Die Hauptbestandteile des Cem -Zeremoniells sind die Tänze, die Semah genannt werden und die religiösen Hymnen, die Nefes oder Beyit genannt werden. Diese werden begleitet von dem traditionellen Instrument Saz, Während des Ritus wird nicht aus religiös-liturgischen Texten vorgelesen, sondern die alten Hymnen mündlich tradiert.
Daher spielen Texte während der Religionsausübung keine besondere Rolle. Es gibt aber auch religiöse Texte, die in Türkisch bzw. Osmanisch verfasst sind. In ihnen werden die Philosophie des Alevitentum oder historische Mythen über die Prophetenfamilie, insbesondere über den Prophetenenkel Hüseyin, aufgeführt. Welche Beziehung haben die AlevitInnen zu anderen Religionsgemeinschaften? Wie sieht ihr Verhältnis zu den sunnitischen Muslimen in Deutschland? Das Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften ist sehr offen. In der Regel sind AlevitInnen auch offen zu sunnitischen Muslimen und möchten gerne mit den Vorurteilen, die es im türkisch-sunnitischen Islam gegenüber den AlevitInnen gibt, aufräumen.
Doch diese generelle Offenheit kann sich je nach Erfahrung des Einzelnen ändern. Auf der institutionellen Ebene ist der Austausch allerdings noch sehr gering. Wichtig ist, dass man in Deutschland im Rahmen des interreligiösen Dialogs auch stärker den innerreligiösen Dialog forciert. Aber viele Vorurteile, die zwischen den einzelnen Religionsgruppen herrschen, gibt es auch im Nahen Osten und der Türkei – den Herkunftsregionen der AlevitInnen.
Im schiitisch-sunnitischen Konflikt im Irak sehen wir z.B., dass es da durchaus große historische Differenzen gibt und diese heute in den Kulturen immer noch in Form von Vorurteilen präsent sind. Dies gilt auch für Aleviten und Sunniten und über das Alevitentum.
Hier bedingen sich manche Vorurteile gegenseitig, wo es keinen Sinn macht zu fragen, wo die Quelle liegt. In einer offenen und modernen Gesellschaft dürfen Begegnungen nicht gescheut werden – auch eben jene zwischen Aleviten und Sunniten nicht. Die Begegnung auf gleicher Augenhöhe ist auch hier wichtig.
Es gibt z.B. viele sunnitisch-alevitische Ehen in Deutschland, die ein offeneres Miteinander ermöglichen. Seit wenigen Jahren wird an Berliner Grundschulen alevitischer Religionsunterricht angeboten. Dem voraus ging die Anerkennung des Kulturzentrums Anatolischer Aleviten durch den Berliner Senat als Religionsgemeinschaft. Gibt es über dieses föderale Beispiel hinaus Bestrebungen von Seiten der alevitischen Gemeinde in Deutschland als öffentliche Körperschaft anerkannt zu werden? Die alevitische Gemeinde verfolgt das Ziel, das in der gesamten Bundesrepublik alevitischer Religionsunterricht in den Schulen vermittelt wird.
Zurzeit arbeitet die Alevitische Gemeinde Deutschland gemeinsam mit den fünf Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg Bayern, Hessen und Niedersachsen) an einem Pilotprojekt zum Thema „alevitischer Religionsunterricht”, mit dem Ziel an den Schulen alevitischen Religionsunterricht anbieten zu können.
Die Anerkennung als öffentliche Körperschaft ist ebenfalls ein Ziel, das parallel dazu forciert und langfristig beabsichtigt wird. Der Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde in Deutschland (AABF) ist Mitglied der Islamkonferenz. Sie sind seit April 2008 Abgeordnete der Grünen im hessischen Landtag. Doch wie sieht abgesehen davon die zivilgesellschaftliche Partizipation und öffentlicher Präsenz von AlevitInnen aus? Sind die AlevitInnen angemessen vertreten? In der alevitischen Gemeide findet zurzeit ein Generationenwechsel statt.
Bisher waren wir nicht in der deutschen Öffentlichkeit präsent. Das liegt sowohl teilweise an der unzureichenden Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinden, als auch teilweise am mangelnden Interesse der Öffentlichkeit. Dies ändert sich immer mehr – auch weil die jüngere Generation sich in Deutschland besser auskennt als in der Türkei oder zumindest in beiden Öffentlichkeiten zu Recht kommt.
Daher werden sich die Arbeit und der Anspruch ändern, die Forderungen nach angemessener Präsenz auch steigen. Es ist eine Entwicklung an der alle aktiv teilhaben sollten, weil alle davon gleichermaßen profitieren werden. Wie stellen Sie sich die Zukunft alevitischen Lebens in Deutschland vor? Die AlevitInnen betrachten sich als einen festen Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Viele sind deutsche StaatsbürgerInnen und fühlen sich hier wohl. Es gibt viele bi-kulturelle Ehen in denen die Kinder in beiden Kulturen erzogen werden.
In der Zukunft möchten die AlevitInnen gerne, dass in den Schulen die alevitische Kindern das Alevitentum vermittelt bekommen. Ansonsten wird der Verlust der Kultur und der religiösen Riten befürchtet. Die politische Partizipation betrachten AlevitInnen als einen wichtigen Schritt in der Integration und wollen weiterhin an der Entwicklung der Gesellschaft mitwirken.
Die Fragen stellte Ulf Plessentin. Mürvet Öztürk ist Islamwissenschaftlerin, Vorsitzende des Bundes der Alevitischen Frauen sowie Mitglied der Muslimischen Akademie in Deutschland. Seit April 2008 ist sie Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag.
Was dürfen Aleviten und was nicht?
Aleviten fasten nicht im Ramadan, sie pilgern nicht nach Mekka und beten nicht fünf Mal am Tag, wie es für Muslime vorgeschrieben ist. Überhaupt lehnen sie Moscheen als Gebetsstätten ab. Auch die Scharia, das islamische Recht, wird von Aleviten zurückgewiesen.
Was ist der Unterschied zwischen Aleviten und Aleviten?
Alkan: „Alawi’ und „Alevi’- man sagt auch Alawite und Alevite – sind eigentlich das gleiche Wort, das erste ist Arabisch ausgesprochen und das zweite Türkisch.
Warum fasten Aleviten nicht an Ramadan?
Aleviten fasten zu anderen Zeiten im Jahr – Das ist auch in anderen – mutmaßlich erwachseneren – Teilen der Gesellschaft so. „Wir hatten in den vergangenen Jahren immer wieder Fälle von Nachbarschaftsdruck”, sagt Numan Emre. Er ist Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde zu Berlin, die nicht fastet.
- Einmal musste die Polizei einschreiten, als Hausbewohner ihren alevitischen Nachbarn aggressiv beschimpften.” Auch berichtet Emre von Ladeninhabern, die ihren Glauben geheim hielten, um die Geschäfte nicht zu gefährden.
- Die bieten beispielsweise keinen Alkohol an.
- Unden sollen denken, sie wären Muslime wie sie.” Geduldig erklärt Numan Emre Unwissenden das Alevitentum.
„Die deutsche Bevölkerung weiß wenig darüber”, sagt er. Oft werde er gefragt, warum er nicht faste. Obwohl die Lehre mit dem schiitischen Islam verwandt ist, leben Aleviten ihren Glauben nicht nach außen aus, eine dogmatische Religionsauslegung lehnen sie ab.
Alevitische Männer und Frauen beten zusammen. In Berlin leben laut Emre etwa 70.000 Aleviten. Auch sie fasten, allerdings nicht während des Ramadans, sondern zu anderen Zeiten im Jahr. „Deswegen kann ich nachvollziehen, wie sich das anfühlt”, sagt Emre. Seinen Nachbarn bringt er während des Ramadans jeden Abend nach Sonnenuntergang etwas Selbstgekochtes.
„Um ihnen zu zeigen, dass ich sie unterstütze.”
Wie läuft eine Beerdigung bei Aleviten ab?
Alevitische Bestattung – Sehnsucht nach der reifen Seele Archiv Aleviten sind zwar in Deutschland als eigenständige Glaubensgemeinschaft anerkannt, aber eigene Friedhöfe dürfen sie nicht unterhalten. Möglich sind jedoch Gräberfelder. Das erste wurde vor einem halben Jahr in Hamburg eröffnet, seit wenigen Tagen gibt es auch eines in Berlin. Von Kemal Hür | 05.10.2016 In einer evangelischen Friedhofskapelle in Berlin-Neukölln spielt ein Mann auf der türkischen Langhalslaute Bağlama ein alevitisches Lied. Im Anschluss spricht ein Geistlicher ein Bittgebet, in dem er die alevitischen Heiligen anruft, alle Menschen zu beschützen.
- Auf dem Sankt Thomas Friedhof eröffnet die Alevitische Gemeinde nach Hamburg bundesweit ihr zweites Gräberfeld.
- Auf einem 3000 Quadratmeter großen Grundstück gibt es Platz für 400 Gräber.
- Für den Generalsekretär der Berliner Aleviten, Kadir Şahin, ist es ein historisches und symbolträchtiges Ereignis.
“Da wir noch nicht Körperschaft des öffentlichen Rechts sind, können wir noch keinen Friedhof selbständig betreiben. Aber ich denke, dass es ein schönes Zeichen ist an die Gesellschaft, und zwar dahingehend, dass die Aleviten Teil der hiesigen Gesellschaft sind, dass sie hier Wurzeln geschlagen haben und dass sie auch möchten, dass sie, ihre kommenden Generationen, ihre Kinder, Enkelkinder hier in ihrer neuen Heimat trauern können.” Das Gräberfeld auf dem evangelischen Friedhof soll aber als alevitisch klar erkennbar sein.
- Dafür wird das Feld mit Symbolen des alevitischen Glaubens gestaltet werden.
- Am Eingang des langen rechteckigen Grundstücks wird ein Tor errichtet werden, sagt Kadir Şahin: “Man muss bedenken, im Alevitentum geht es nicht darum, sich vor der Hölle zu retten, oder ins Paradies zu kommen.
- Viel eher geht es darum, eine reife Seele zu entwickeln; eine Seele, die sich von allen negativen Trieben, wie Wut, Zorn, Eifersucht, Hass befreit hat und mit dem göttlichen Kern, das jedem Menschen innewohnt, eins wird.
Das ist der Hauptbestand des alevitischen Glaubens. Genau das wollten wir dort darstellen” Die alevitische Glaubenslehre ist ein Weg zur Vervollkommnung des Menschen. Auf diesem Weg muss jedes Individuum vier Tore und vierzig Pforten durchschreiten. Hölle oder Paradies existieren nicht.
- Alevitische Friedhöfe in der Türkei sind als solche kaum zu erkennen.
- Denn der türkische Staat lehnt die Aleviten als eigenständige Glaubensgemeinschaft ab.
- Die Gestaltung eines alevitischen Friedhofs ist für die Gemeinden in Deutschland ein Novum.
- Im Unterschied zu den Friedhöfen in der Türkei soll das Gräberfeld in Berlin eigene Symbole bekommen.
Neben einem Tor und vier Säulen sollen im Eingangsbereich, unmittelbar hinter dem Tor, je zwölf Gräber zwei Kreise bilden, sagt der 29-jährige Lehrer und Generalsekretär Kadir Şahin. Die Gräber sollen nicht Richtung Kaba ausgerichtet sein wie bei den Muslimen.
“Bei uns Aleviten ist es so, beim Gebet richten wir uns nicht Richtung Kaba, sondern die Menschen sitzen im Kreis und verbeugen sich vor dem Menschen. Denn wir sagen, wenn der Mensch den göttlichen Kern in sich trägt, dann ist es nur fair, wenn die Menschen sich voreinander verbeugen und nicht Richtung Kaba.
Und da haben wir zu Beginn – leider können wir das nur am Anfang des Gräberfeldes machen, weil wir sonst viel Platz verlieren – die Grabfelder im Kreis angeordnet, so wie wir auch beten.” Das Alevitentum erlebt in Deutschland und Europa eine Renaissance.
- In der Türkei, der Heimat der Aleviten, wurde der Glaube jahrhundertelang bekämpft.
- Zehntausende Aleviten wurden von der Osmanischen Herrschaft bis heute mehrfach Opfer von Pogromen.
- In Deutschland wurden sie in einigen Bundesländern als Glaubensgemeinschaft anerkannt und dürfen erstmals in ihrer Geschichte seit 2002 alevitischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen anbieten.
Endlich können die Aleviten auch ihre Toten entsprechend den Riten ihres Glaubens beisetzen, sagt der Vorsitzende des Geistlichen Rates in Berlin, Ercan Yıldız. “Noch vor etwa zehn Jahren wurden für unsere Beisetzungszeremonien islamische Begriffe verwendet.
- Jetzt benutzen wir selbstverständlich die richtigen alevitischen Bezeichnungen.
- Wenn Sie sich die Geschichte anschauen, stellen Sie fest, alle Herrscher haben versucht, die Aleviten muslimisch zu assimilieren.
- Wir arbeiten hier daran, dass wir uns auf unsere eigenen Riten und Gebräuche zurückbesinnen und sie wiederbeleben.” Die islamischen Begriffe haben sich im alltäglichen Sprachgebrauch der Aleviten festgesetzt, weil sie Teil der türkischen Sprache sind.
Daher kommt den geistlichen Oberhäuptern der Aleviten eine große Verantwortung zu. Sie müssen der Trauergemeinde die Bedeutung des Todes richtig erklären, sagt der oberste Geistliche der Alevitischen Gemeinde in Berlin. Die Aleviten glauben an die Seelenwanderung, sagt Ercan Yıldız.
Wie viele Aleviten gibt es in Europa?
Es gibt keine verlässlichen Daten über die Anzahl der Aleviten in Deutschland und Europa, genauso wenig wie über ihren Anteil an der türki- schen Bevölkerung. Schätzungsweise leben zwischen 300.000 und 700.000 Aleviten in Deutschland. Auch wenn die genaue Zahl unbekannt ist, ist.
Warum tanzen Aleviten?
Der Semah ( türkische Schreibvariante) oder Sama‘ (von arabisch سماع, DMG samā‘ ‚ Anhören‘) ist ein Element der Trancetänze bei Sufi-Bruderschaften, Zum Semah werden spirituelle Lieder gespielt und gesungen. Semah als mystische Aufführung ist ein durch Musik, Gesang, Tanz und Gestik herbeigeführtes Gottgedenken.
- Bei den Aleviten gehört der Semah zu den zwölf Pflichten in der Cem -Veranstaltung, der spirituellen Versammlung der Aleviten.
- Im Jahr 2010 wurde der Semah in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
- Die Musik des rituellen Tanzes wird vom usul (Rhythmus/Metrum) aksak bestimmt.
Die Tänzer und Tänzerinnen wechseln zwischen langsamen und schnellen Schritten sowie zwischen kreisförmigen und zum Mittelpunkt ausgerichteten Bewegungen. Charakteristisch sind Drehbewegungen um die eigene Achse, womit eine Vereinigung des Menschen mit Gott und der Natur angestrebt wird.
Dabei zeigt die Handinnenfläche der rechten Hand nach oben und die linke Handinnenfläche zum Boden. Das sich Drehen in einer Kreisbahn und um die eigene Achse symbolisiert Drehbewegungen der Planeten in ihrer Umlaufbahn um die Sonne, aber auch die ewigen Kreisläufe des Lebens und der Natur. In den Texten geht es sowohl um Allah, den Propheten Mohammed, dessen Vetter Ali und Hızır, als auch um den Menschen selber: Man solle immer an das Gute im Menschen glauben, um nicht vom richtigen Weg abzukommen.
Der Kreistanz des Semah hat mehrere symbolische Bedeutungen. Häufig werden die Bewegungen von Tieren nachgeahmt. Am weitesten verbreitet sind ein Tanz, der die Flugbewegungen des den Aleviten heiligen Kranichs (türkisch turna ) nachahmt, genannt turnalar semahı, und der kırklar semahı („Tanz der vierzig Heiligen”) beim Kırklar Cemi,
Von herausgehobener Bedeutung ist der turnalar semahı („Kranichtanz”) deshalb, weil der Kranich, der in türkischen Volkserzählungen häufig vorkommt, weite Strecken zwischen seinem Heimatland und fernen Regionen zurücklegt und so als symbolischer Mittler zwischen Liebenden an sich sowie zwischen (liebenden) Menschen zu Gott erscheint.
Der kreisförmige Tanz ist ein häufiges und weit verbreitetes Motiv mit einer magischen Bedeutung in prämonotheistischen ethnischen Religionen. Das Symbol des Kranichs, das auch in der japanischen Mythologie vorkommt, verweist auf eine Verbindung zu alten zentralasiatischen Vorstellungen, die als Tengrismus zusammengefasst werden.
Wann dürfen Aleviten essen?
Hizir orucu: Alevitisches Fasten für einen Schutzpatron Während letzte Woche alle Welt Hallmark’s Valentinstag feierte, besinnen sich Aleviten in der sogenannten Hızır Woche auf drei nacheinander folgenden Tagen auf ihren Schutzpatron Hızır. In vielen Regionen wird hier vom 13.-15.
- Februar drei Tage lang gefastet.
- Nur einmal am Tag zu Sonnenuntergang wird das Fasten gebrochen, um dann wieder bis zum Sonnenuntergang des darauf folgenden Tages auf Wasser und Speisen zu verzichten.
- Vor allem junge Singles versuchen am dritten Fastentag gänzlich auf Wasser zu verzichten, damit sie symbolisch ihren Durst dann im Traum im Haus des zukünftig Angetrauten löschen können.
Hızır und sein Bruder Ilyas sind im Alevitentum Schutzpatronen und Boten von Glück und Wohlstand, die in der Not zur Hilfe herbei eilen. Nachdem sie das Wasser der Unsterblichkeit (arab.: Ab-i Hayat) getrunken haben sollen, erlangten sie das ewige Leben. Schutzpatron Ilyias (rechts) mit Al-Chidr, Heiliger und Symbol für das Gute (Quelle: Wikimedia Commons) Nach einer weit verbreiteten Erzählung eilte Hızır das erste Mal niemanden geringerem als Noah zur Hilfe herbei. Nachdem die Arche einem dreitägigen Sturm standhielt, fasteten die Geretteten als Zeichen der Dankbarkeit drei Tage lang.
- In dieser und weiteren Überlieferungen kam Hızır stets in wechselnder Menschengestalt zum Fastenbrechen und bat um Essen.
- Anders als beim zwölf tägigen Muharrem Fasten wird hier nicht auf Wasser und tierische Produkte nach Sonnenuntergang verzichtet.
- Glück hat, wessen Speise von Hızır markiert wurde.
- Deshalb probiert man so viel wie möglich.
Am Abend des letzten Tages wird das Fasten zusammen in der Gemeinde gebrochen. Alle kommen zusammen, die Lokma (Gaben) werden gesammelt, es werden Geschichten über Hızır erzählt und viele meditative Lieder gesungen, meist begleitet von der Saz. Es ist Brauch am Vorabend eine Speise aus Weizenmehl und Wasser anzurühren um diese über Nacht offen stehen zu lassen.
- Wünsche werden ausgesprochen und man hofft, dass Hızır über Nacht von der Gabe kostet.
- Hinterlässt Hızır ein Zeichen in der Speise, erwarten die Familie Segen und Glück und die Erfüllung der Wünsche.
- Die Gaben werden dann zum Fastenbrechen in der Gemeinschaft geteilt.
- Dabei versucht man von so vielen Speisen wie möglich zu kosten, um vielleicht von einer zu essen, die auch wirklich von Hizir gesegnet wurde.
Text: Su Akar Titelbild von Alp Aksoy und (Kooperationspartner) : Hizir orucu: Alevitisches Fasten für einen Schutzpatron
Wie viel kostet eine Beschneidung in Deutschland?
Welche Kosten fallen bei einer Beschneidung an? – Die Kosten für eine Beschneidung liegen nach derzeitigem Stand bei etwa 300 Euro, Die Berechnung erfolgt nach der Gebührenordnung für Ärzte. Die Gesamtkosten können jedoch abhängig vom Umfang der Leistungen variieren. Beschneidung – Kosten auf einen Blick ca.300 EUR Beschneidung Ihre Experten für Beschneidung
Was dürfen Aleviten und was nicht?
Aleviten fasten nicht im Ramadan, sie pilgern nicht nach Mekka und beten nicht fünf Mal am Tag, wie es für Muslime vorgeschrieben ist. Überhaupt lehnen sie Moscheen als Gebetsstätten ab. Auch die Scharia, das islamische Recht, wird von Aleviten zurückgewiesen.
Was feiern Aleviten?
Jährlich wechselnde Monate – Muharrem-Fastenzeit: Die Muharrem-Fastenzeit verschiebt sich wie das Opferfest im Folgejahr um elf Tage nach vorne. Zwölftägige Fasten- und Trauerzeit im Alevitentum. Aleviten versammeln sich in ihren Gemeinden und fasten zu Ehren des Heiligen Hüseyin und gedenken der Schlacht von Kerbela aus dem Jahr 680 n.Chr., bei der Iman Hüseyin ums Leben kam.
Die Fastenzeit beginnt immer direkt nach Mitternacht. Bis zum Sonnenuntergang wird nichts verzehrt. Während dieser Zeit verzichten Aleviten u.a. auf Fleisch und versuchen bescheiden zu leben. Der Verzicht auf Fleisch steht dafür, dass in dieser Zeit kein Blut fließen darf. Aşure-Tag (Aşure günü) Fest im Islam, das am zehnten Tag des ersten Monats im islamischen Kalender stattfindet.
Es erinnert an große Ereignisse wie z.B. die Erschaffung der Erde und des Himmels, die Anerkennung der Reue Adams durch Gott und das Überleben Noahs in der Sintflut. An diesem Tag fasten viele Muslime und Aleviten. Zudem bereiten sie die Süßspeise Aşure zu und verteilen diese gesegnete Gabe an Nachbarn und Freunde.
Opferfest : Das Opferfest, das sich nach dem islamischen Mondkalender richtet, verschiebt sich jedes Folgejahr um elf Tage nach vorne. Aleviten feiern das Opferfest, allerdings geht es ihnen nicht um das Opfertier, sondern darum, ihre schlechten Eigenschaften und Angewohnheiten abzulegen. Islamisches Neujahr Nach dem islamischen Kalender beginnt an diesem Tag das Jahr 1424 n.H.
Das „H” ist die Abkürzung von Hidschra, so wird der Auszug des Propheten Mohammed von Mekka nach Medina genannt. Der islamische Kalender beginnt mit diesem Ereignis. Miradsch (Himmelsreise des Propheten) Die meisten Muslime feiern die Miradsch in der 27.
- Nacht des Monats Radschab.
- Bei der Miradsch handelt es sich laut Überlieferung um die Himmelsreise Mohammeds.
- Allah führte Mohammed innerhalb einer Nacht von der heiligen Moschee in Mekka bis zur Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem.
- Ramadan Islamischer Fastenmonat und neunter Monat des islamischen Mondkalenders.
In diesem Monat begann die Offenbarung. Im Monat Ramadan herrscht für Muslime eine ganz besondere Atmosphäre. Viele versammeln sich jeden Tag in der Moschee zur täglichen Koranrezitation, zum Fastenbrechen und zum besonderen Gebet, das im Ramadan täglich nach dem Nachtgebet verrichtet wird.
- Im Ramadan wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht gegessen und getrunken.
- Ramadanfest Es ist neben dem Opferfest das größte Fest im Islam.
- Das Ramadanfest, auch bekannt als Zuckerfest, schließt den Fastenmonat Ramadan ab.
- An diesen Festtagen werden besonders viele leckere Speisen vorbereitet.
Muslime besuchen oder empfangen Verwandte, Nachbarn und Freunde. Kinder werden dabei mit (Geld-)geschenken oder Süßigkeiten erfreut. Id al-adha (Opferfest) Neben dem Ramadanfest das zweite fest im Islam, das über vier Tage geht. Als Gedenken an Abraham, der aus Gottesliebe bereit war, seinen Sohn zu opfern, opfern Muslime die finanziell dazu in der Lage sind, ein Opfertier und verteilen es an Bedürftige.
Für Gläubige, die gerade pilgern, ist es der Höhepunkt der Pilgerfahrt. Aşure-Tag (Aşure günü) Fest im Islam, das am zehnten Tag des ersten Monats im islamischen Kalender stattfindet. Es erinnert an große Ereignisse wie z.B. die Erschaffung der Erde und des Himmels, die Anerkennung der Reue Adams durch Gott und das Überleben Noahs in der Sintflut.
An diesem Tag fasten viele Muslime und Aleviten. Zudem bereiten sie die Süßspeise Aşure zu und verteilen diese gesegnete Gabe an Nachbarn und Freunde. : Religiöse Feiertage – nach Monaten
Wie heiraten die Aleviten?
Antworten von Mürvet Öztürk Was verstehen AlevitInnen unter Alevitentum: eine eigenständige Kultur, eine muslimische Glaubensrichtung oder eine eigenständige Religionsgemeinschaft? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, weil das Selbstverständnis der AlevitInnen sehr unterschiedlich ist. Wann und aus welchen Gründen sind AlevitInnen nach Deutschland zugewandert? Es gab verschiedene Migrationswellen nach Deutschland: Die meisten AlevitInnen sind im Zuge der Arbeitsmigration in den 1960er und 1970er Jahren nach Deutschland gekommen und haben hier als ArbeiterInnen ihren Lebensunterhalt bestritten.
Viele StudentInnen und politisch aktive AlevitInnen sind im Zuge des türkischen Militärputschs 1980 und danach als politische Flüchtlinge nach Deutschland gelangt. Die letzte Migrationswelle hat in den 1990er Jahren stattgefunden, als im Zuge der militärischen Auseinandersetzung mit der PKK zahlreiche Dörfer in der Osttürkei entleert wurden bzw.
das Leben dort nicht mehr möglich war. Viele diese Menschen leben und arbeiten heute in Deutschland in verschiedenen Sektoren – sie sind AkademikerInnen, ArbeiterInnen, UnternehmerInnen u.ä. Haben sich die Strukturen und religiösen Riten der AlevitInnen durch die Migration nach Deutschland verändert? In welche Richtung? Sie haben sich auf jeden Fall verändert. Die AlevitInnen haben bereits durch die Binnenmigration innerhalb der Türkei aus den Dörfern weg in die Großstädte in den 1950er und 1960er Jahren ihre Strukturen verändern müssen.
Da die soziale Komponente sehr stark mit denen der religiösen Aufgaben einhergeht, hat sich die Auflösung der Dorfgemeinschaft markant auf die Praktizierung der religiösen Riten ausgewirkt. Sie ist faktisch in der Großstadt weggefallen. Hinzu kam das Geheimhalten der Zugehörigkeit zum Alevitentum aus Angst vor Diskriminierung, so dass eine Neuorganisation der Gemeinden innerhalb den Großstädten der Türkei nicht möglich war.
Dieser Zustand herrschte bis in die 1980er Jahre. Zu Beginn der 90er Jahre hingegen erlebte das Alevitentum eine Revitalisierung und Öffnung nach Außen. In diesem Zuge hat sich in Deutschland auch die Alevitische Gemeinde gegründet und neu organisiert. Wie sind die AlevitInnen in Deutschland organisiert? Gibt es eine Unterscheidung zwischen politischer Interessenvertretung und religiöser Gemeinde? Der Dachverband der Alevitischen Gemeinde Deutschland sitzt in Köln. Darüber hinaus gibt es Landesverbände und Kulturzentren in verschiedenen Städten Deutschlands.
Die Gemeinden haben sich in Deutschland von den historischen Strukturen losgelöst organisiert, d.h. während historische Gemeinden mit bestimmten Bezeichnungen und bestimmter Zugehörigkeit zu bestimmten Gelehrten die Regel der Dorfstruktur war, gibt es diese in Deutschland in dieser Form nicht mehr. Jede Alevitin und jeder Alevit weiß, zu welcher Gemeinde und welchem Gelehrten, dem sogenannten Dede, sie oder er historisch angehört – aber in Deutschland ist man in den Kulturzentren organisiert.
Diese Kulturzentren sind gleichzeitig auch Gemeindezentrum – also Orte, wo sowohl die alevitischen Tänze, Gesänge, Folklore vermittelt werden, aber auch die religiösen Riten abgehalten werden. Damit hat sich die politische und religiöse Interessensvertretung vermischt.
- In der Regel ist aber der Vorsitzende des Kulturzentrums kein religiöser Gelehrter, sondern eine ehrenamtlich aktive Person, die von den Gemeindemitgliedern gewählt wird.
- Die Kulturzentren sind als Vereine organisiert, die einen Vorstand und eine Satzung haben.
- Für die Durchführung des zentralen Cem -Zeremonielles reisen z.B.
die Geistlichen aus den umgehenden Gemeinden an und leiten die Zeremonie für diesen einen Tag. Welche Rolle spielt das Cem -Ritual für AlevitInnen in Deutschland? Ist es für die alevitische Gemeinde wichtiger als in der Türkei? Da die Aleviten sowohl in der Türkei als auch in Deutschland damit zu kämpfen haben, ihre Identität nicht zu verlieren, ist das Cem -Ritual für viele das Bindeglied, durch das die Gemeinde zusammengehalten wird und daher sehr wichtig.
- Das Cem -Ritual ist gewissermaßen der alevitische Gottesdienst, für das die Gemeinde zusammenkommt.
- Es wird gebetet, getanzt, gesungen und rezitiert.
- Jene AlevitInnen, die einen Bezug zu religiösen Riten haben wollen und daraus ihre alevitische Identität schöpfen erachten das Cem -Ritual für absolut wichtig.
Jene AlevitInnen, die sich eher kulturell definieren schöpfen ihre alevitische Identität aus der Folklore, der Musik und den Tänzen. Es ist eine sehr vielfältige Kultur und daher eine vielseitige Gemeinde. Wie sieht das religiöse Leben darüber hinaus aus? Welche religiöse Alltagsriten und Feste gibt es? Und sind sie alle ohne Einschränkungen in Deutschland durchführbar? Für die AlevitInnen ist das Opferfest eines der wichtigsten Feste. Sie fasten in der Regel nicht zum Ramadan, sondern sie fasten 12 Tage zum 10.
Muharram und Gedenken an die Ermordung der Prophetenfamilie in Kerbala. Während der Fastenzeit wird um die Prophetenfamilie getrauert und trotz Fastenbrechens keine üppige Mahlzeit eingenommen. Während dieser Fastenzeit und nach dem Fastenbrechen ist das Trinken von Wasser untersagt, es werden keine Eier- und Fleischspeisen konsumiert.
Die Männer rasieren sich in dieser Zeit nicht, die Spiegel in den Wohnungen werden mit schwarzen Tüchern zugehängt. Dies ist die streng-traditionelle Weise des Fastens, die teilweise aber in Deutschland nicht allen bekannt ist. Sie praktizieren auch die Beschneidung der männlichen Kinder.
- Hochzeiten werden in Deutschland ebenfalls anders gefeiert als es in den anatolischen Dörfern üblich war; in der Regel mit weißem Brautkleid und einem großen Fest wo alle Verwandten, Freunde und Bekannte eingeladen werden.
- Während der Hochzeit wird das Brautpaar in der Regel mit Geld und Gold beschenkt, was als Starthilfe für das Paar gedacht ist.
Traditionell wird die Braut vom Bräutigam aus dem Hause der Eltern abgeholt. Der jüngste Bruder bindet der Braut ein rotes Band um die Hüfte und gibt sie dem Bräutigam frei. Es ist Brauch, dass dem Bräutigam der Weg versperrt oder die Braut entführt bzw.
Versteckt wird. Der Bräutigam muss dann tief in die Tasche greifen damit er seine Braut wiederbekommt. In der Regel wird die Mutter der Braut aus Respekt ebenfalls reichlich beschenkt. All diese Riten werden auch in Deutschland ausgeführt. Im Sterbefall gibt es aber Probleme, da die AlevitInnen gemischt geschlechtlich den Toten-Ritus abhalten und die Leichenwaschung selbst vornehmen.
Es gibt in Deutschland nicht ausreichend Cem -Häuser, also alevitische Gemeindehäuser, in denen die Leichenwaschung vorgenommen werden kann. In der Regel werden die Toten in die Türkei überführt und dort begraben. Beziehen sich AlevitInnen auf religiöse Texte? Welchen Stellenwert haben sie für die Religionsausübung? In welcher Sprache sind diese Texte verfasst? Die religiösen Riten und religiösen Hymnen der AlevitInnen sind größtenteils mündlich tradiert. Daher hat im alevitschen Ritus der religiöse Text keine sehr hohe Bedeutung.
- Der religiöse Ritus der AlevitInnen ist wie bereits erwähnt, das Cem -Ritus: Die Hauptbestandteile des Cem -Zeremoniells sind die Tänze, die Semah genannt werden und die religiösen Hymnen, die Nefes oder Beyit genannt werden.
- Diese werden begleitet von dem traditionellen Instrument Saz,
- Während des Ritus wird nicht aus religiös-liturgischen Texten vorgelesen, sondern die alten Hymnen mündlich tradiert.
Daher spielen Texte während der Religionsausübung keine besondere Rolle. Es gibt aber auch religiöse Texte, die in Türkisch bzw. Osmanisch verfasst sind. In ihnen werden die Philosophie des Alevitentum oder historische Mythen über die Prophetenfamilie, insbesondere über den Prophetenenkel Hüseyin, aufgeführt. Welche Beziehung haben die AlevitInnen zu anderen Religionsgemeinschaften? Wie sieht ihr Verhältnis zu den sunnitischen Muslimen in Deutschland? Das Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften ist sehr offen. In der Regel sind AlevitInnen auch offen zu sunnitischen Muslimen und möchten gerne mit den Vorurteilen, die es im türkisch-sunnitischen Islam gegenüber den AlevitInnen gibt, aufräumen.
Doch diese generelle Offenheit kann sich je nach Erfahrung des Einzelnen ändern. Auf der institutionellen Ebene ist der Austausch allerdings noch sehr gering. Wichtig ist, dass man in Deutschland im Rahmen des interreligiösen Dialogs auch stärker den innerreligiösen Dialog forciert. Aber viele Vorurteile, die zwischen den einzelnen Religionsgruppen herrschen, gibt es auch im Nahen Osten und der Türkei – den Herkunftsregionen der AlevitInnen.
Im schiitisch-sunnitischen Konflikt im Irak sehen wir z.B., dass es da durchaus große historische Differenzen gibt und diese heute in den Kulturen immer noch in Form von Vorurteilen präsent sind. Dies gilt auch für Aleviten und Sunniten und über das Alevitentum.
- Hier bedingen sich manche Vorurteile gegenseitig, wo es keinen Sinn macht zu fragen, wo die Quelle liegt.
- In einer offenen und modernen Gesellschaft dürfen Begegnungen nicht gescheut werden – auch eben jene zwischen Aleviten und Sunniten nicht.
- Die Begegnung auf gleicher Augenhöhe ist auch hier wichtig.
Es gibt z.B. viele sunnitisch-alevitische Ehen in Deutschland, die ein offeneres Miteinander ermöglichen. Seit wenigen Jahren wird an Berliner Grundschulen alevitischer Religionsunterricht angeboten. Dem voraus ging die Anerkennung des Kulturzentrums Anatolischer Aleviten durch den Berliner Senat als Religionsgemeinschaft. Gibt es über dieses föderale Beispiel hinaus Bestrebungen von Seiten der alevitischen Gemeinde in Deutschland als öffentliche Körperschaft anerkannt zu werden? Die alevitische Gemeinde verfolgt das Ziel, das in der gesamten Bundesrepublik alevitischer Religionsunterricht in den Schulen vermittelt wird.
Zurzeit arbeitet die Alevitische Gemeinde Deutschland gemeinsam mit den fünf Bundesländern (Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg Bayern, Hessen und Niedersachsen) an einem Pilotprojekt zum Thema „alevitischer Religionsunterricht”, mit dem Ziel an den Schulen alevitischen Religionsunterricht anbieten zu können.
Die Anerkennung als öffentliche Körperschaft ist ebenfalls ein Ziel, das parallel dazu forciert und langfristig beabsichtigt wird. Der Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde in Deutschland (AABF) ist Mitglied der Islamkonferenz. Sie sind seit April 2008 Abgeordnete der Grünen im hessischen Landtag. Doch wie sieht abgesehen davon die zivilgesellschaftliche Partizipation und öffentlicher Präsenz von AlevitInnen aus? Sind die AlevitInnen angemessen vertreten? In der alevitischen Gemeide findet zurzeit ein Generationenwechsel statt.
- Bisher waren wir nicht in der deutschen Öffentlichkeit präsent.
- Das liegt sowohl teilweise an der unzureichenden Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinden, als auch teilweise am mangelnden Interesse der Öffentlichkeit.
- Dies ändert sich immer mehr – auch weil die jüngere Generation sich in Deutschland besser auskennt als in der Türkei oder zumindest in beiden Öffentlichkeiten zu Recht kommt.
Daher werden sich die Arbeit und der Anspruch ändern, die Forderungen nach angemessener Präsenz auch steigen. Es ist eine Entwicklung an der alle aktiv teilhaben sollten, weil alle davon gleichermaßen profitieren werden. Wie stellen Sie sich die Zukunft alevitischen Lebens in Deutschland vor? Die AlevitInnen betrachten sich als einen festen Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Viele sind deutsche StaatsbürgerInnen und fühlen sich hier wohl. Es gibt viele bi-kulturelle Ehen in denen die Kinder in beiden Kulturen erzogen werden.
In der Zukunft möchten die AlevitInnen gerne, dass in den Schulen die alevitische Kindern das Alevitentum vermittelt bekommen. Ansonsten wird der Verlust der Kultur und der religiösen Riten befürchtet. Die politische Partizipation betrachten AlevitInnen als einen wichtigen Schritt in der Integration und wollen weiterhin an der Entwicklung der Gesellschaft mitwirken.
Die Fragen stellte Ulf Plessentin. Mürvet Öztürk ist Islamwissenschaftlerin, Vorsitzende des Bundes der Alevitischen Frauen sowie Mitglied der Muslimischen Akademie in Deutschland. Seit April 2008 ist sie Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag.
Warum beten Aleviten nicht 5 mal am Tag?
Alevitische Muslime interpretieren muslimische Gebote anders – “Weil Aleviten nicht in die Moschee gehen, weil sie nicht fünf Mal am Tag beten, weil sie eben nicht 30 Tage im Ramadan fasten, meinen die anderen Muslim*innen, wir wären keine Muslime”, sagt Gülsüm Bozdogan, die Vorsitzende des Vereins.
“Das stimmt aber absolut nicht. Wir bezeugen, dass wir den wahren Islam leben, weil es zu der damaligen Zeit auch keine Moschee gab, obwohl sie sagen, der Prophet sei in einer Moschee gewesen. Es gab keine Moschee.” Die alevitischen Muslime respektieren die fünf Säulen des sunnitischen Islams, also Fasten, Beten, Wallfahren, Almosengeben und an Gott glauben.
Aber sie interpretieren diese Gebote anders. Die Wallfahrt zum Beispiel machen sie nicht, da sie glauben, dass es gottgefälliger ist, das Geld, das für die Wallfahrt ausgegeben wird, an Bedürftige zu spenden. In die Moschee gehen sie auch nicht, da es eine Moschee, wie wir sie heute kennen, zu Zeiten des Propheten auch nicht gab, sondern nur Versammlungshäuser, wo die Gläubigen sich trafen und unter anderem auch beteten.